Wenn Künstler auf die Barrikaden gehen, hat die Demokratie ein Problem
Nach der Besetzung und Räumung der Thyssen Krupp Brache wird erneut klar, dass man in der einstigen Kulturhauptstadt Essen wieder einmal versagt hat im Umgang mit, nach Unterstützung rufenden, jungen Leuten, die bereit sind engagiert und kreativ ihre und die kulturelle Zukunft ihrer Stadt in die Hand zu nehmen.
Schon der Versuch im letzten Jahr, die Bärendelle in ein autonomes Kulturzentrum umzuwandeln war an der Ignoranz der Verwaltung gescheitert, an ihrem autoritären Selbstverständnis und dem strengen Spardiktat, was jede Gestaltungsinitiative aus der Stadtgesellschaft im Keim erstickt.
Frei denkende, kreative Menschen werden in Essen ausgebremst.
Die junge Künstlergruppe sucht vergeblich den Dialog mit den Verantwortlichen.
Bekommt diese Aktion diesmal eine Antwort, die auf mehr hoffen lässt als erneut abgespeist zu werden mit fadenscheinigen politischen Floskeln? Oder versteckt man sich im Sommerloch bis alles wieder vergessen ist?
„Es wird der Essener Kulturpolitik um die Ohren fliegen, wenn wir weiterhin kreative Eigeninitiativen unterdrücken und freie Kulturszene nur als Standortvorteil für die Immobilienwirtschaft mit sogenannten Kreativquartieren verstehen“, kommentiert Anabel Jujol, Ratsfrau der Parteipiraten und Initiatorin des Bürgerbegehrens KulturgutEssen.
Wenn Kulturprestigeobjekte wie einsame Monolithe von Folkwang bis Zollverein, nicht angebunden werden an eine lebendige kulturelle Szene werden wertvolle Potenziale für Gastronomie, Einzelhandel und Tourismus vergeudet.
Statt dessen, macht man sich abhängig von Mäzenen und Stiftungen und deren Geltungsdrang nach Klassik und Prestige. Das ist im Grunde undemokratisch und im wahrsten Sinne des Wortes exklusiv.
Dabei ist freie Kultur selbst Motor und der Teppich für eine funktionierende Demokratie. Dies aber nur wenn Engagement aus der Gesamtgesellschaft gewollt ist und unterstützt wird. Es zeichnet ein trauriges Bild, wenn Bürger wieder mal auf die Barrikaden gehen müssen, damit man sie sieht und hört.
„Im Herbst erwarten wir auch hoffentlich das Gerichtsurteil zu unserem Bürgerbegehren ,kulturgutEssen’ und dann werden Essener Kulturpolitik und der Bürgermeister vielleicht wach gerüttelt, denn eine Freie Kunst-, Musik und Theaterszene, und natürlich kulturelle Bildung für die Allgemeinheit: das braucht Ressourcen und Raum zur Entfaltung“, so Anabel Jujol abschließend.