Gestern hatte die Zeit darüber berichtet, dass Stadträte nicht mit dem Freihandelsabkommen TTIP beschäftigen dürfen. Das Freihandelsabkommen wird auch kommunale wirtschaftliche Betätigung liberalisieren und wird auch in Essen die folgenden Bereiche beeinflussen:
Wasserver- und -entsorgung
Energieversorgung
Abfallbeseitigung
Öffentlicher Nahverkehr
Krankenhäuser
Alten- und Pflegeheime
Schulbau
Volkshochschulen, Musikschulen
Kultur (Theater, Museen, Bibliotheken)
Kindergärten
Flächennutzungspläne
Baugenehmigungen
Sparkassen
Sportstätten und Bäder
Sicherlich kann und sollte man darüber diskutieren, ob eine teilweise Liberalisierung in bestimmten Bereichen sinnvoll wäre. Allerdings darf ausgerechnet der Rat der Stadt Essen dieses Thema angeblich nicht diskutieren, weil die Stadt Essen nicht spezifisch von TTIP betroffen ist.
Das jetzige Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Verwaltung in unserer Kommune ist das Ergebnis von jahrzehntelanger und fortwährender Debatte, Abstimmung und fein austariertem Interessenausgleich. TTIP würde diese mühevoll errungenen Kompromisse unserer Vorfahren nicht nur abrupt vernichten, sondern in Richtung einer fortwährenden, menschenunwürdigen Liberalisierung einfrieren. Und darüber darf im Rathaus nicht diskutiert werden?
Die Piratenpartei lehnt das Freihandelsabkommen TTIP (und auch CETA) aus vielen guten Gründen ab. Zusammengefasst stellen TTIP und CETA das Wohlergehen von Unternehmen über das Wohlergehen von uns Bürgern. Das ganz normale Leben von uns Menschen, der Schutz unserer Natur und Umwelt, soziale Zusammenhänge und demokratische Prinzipien spielen bei diesen Abkommen keine Rolle. campact hat für alle Interessierten einen informativen Reader zu den kommunalen Auswirkungen von TTIP zusammen gestellt.
Man kann den Maulkorb durch das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages auch positiv sehen: Nur noch ein kleiner Teil der Bürger unseres Landes will das Freihandelsabkommen TTIP oder CETA, trotz aller Versprechen von Industrie und Politik. Keine politische Partei in Deutschland kann sich mehr erlauben, TTIP vorbehaltslos und offen zu unterstützen, wenn sie keine Wähler verlieren möchte. Wenn unsere Bundesregierung glaubt, den eigenen Parteimitgliedern einen Maulkorb verpassen zu müssen, damit sich kein lokaler, öffentlicher Widerstand in den Stadträten bildet, dann sind TTIP und CETA offensichtlich kurz vor dem Scheitern. Wir sollten alles daran setzen, diesen Abkommen jetzt den letzten Todesstoß zu verpassen!