Das ARD-Magazin “Monitor” sendet heute Abend um 21.45 Uhr einen sehr interessanten Bericht zu Stuttgart 21: Der Bahn AG soll schon 2009 bekannt gewesen sein, dass sich die Projektkosten gegenüber früheren Planungen um 1 Milliarde auf 4,9 Milliarden erhöht haben.
Kurz vor der Volksabstimmung am 27. November 2011 über das “S 21-Kündigungsgesetz” hatte die Bahn die Gesamtkosten mit 4,1 Milliarden Euro beziffert. Die Projektgegner wehrten sich mit der Volksabstimmung, weil ihrer Meinung nach keine höhere Leistungsfähigkeit des neues Bahnhofs zu erwarten gewesen war und die Kosten von ihnen als unrealistisch niedrig eingeschätzt wurden.
2011 wurde viel darüber gestritten, ob Deutschland noch ein Land des Fortschritts wäre, wenn sich die Politik bei jedem Großprojekt vom Bürger reinquatschen und dazwischen volksentscheiden lassen muss.
Mittlerweile ist klar: Die Gegner von Stuttgart 21 haben leider auf ganzer Linie Recht behalten. Der neue Bahnhof – sollte er trotz Kostensteigerung auf 6,8 Milliarden Euro tatsächlich noch gebaut werden können – wird bzgl. seiner Leistungsfähigkeit ein Rückbau.
Ich bin sehr gespannt, wie sich die grüne Landesregierung und die damaligen Protestgruppen verhalten. Die damalige Volksabstimmung war mit knapp 59% Befürwortern von Stuttgart 21 deutlich positiv ausgefallen. Dieses Ergebnis wäre vermutlich komplett gedreht worden, wenn die damals schon bahnintern bekannte Kostensteigerung pflichtgemäß veröffentlicht worden wäre.
Es lohnt durchaus, sich als Bürger zu informieren, seine Meinung deutlich zu machen und im Zweifelsfall auch mit einem Volks- oder Bürgerentscheid durchzusetzen, wenn die Politik mit offenen Karten spielt und die Projektpläne und -Kosten transparent und wahrheitsgemäß veröffentlicht.
Falls sich jemand fragt, was Stuttgart 21 mit Lokalpolitik der Stadt Essen zu tun hat kann ich ein kleines Beispiel anbieten:
Die Initiative kulturgutEssen sammelt seit Monaten Unterschriften für die Einleitung eines Bürgerbegehrens gegen die vom Stadtrat beschlossenen Kürzungen bei kulturellen Bildungseinrichtungen der Stadt Essen. Zunächst hat die Stadtverwaltung ein Einsparpotential von 2,2 Millionen Euro genannt, jetzt sind es auf einmal nur noch knapp 950 tEUR. Der Kulturausschuss war sogar so dreist und hat die Stadtverwaltung beauftragen wollen, einen offenen Brief zu schreiben, um vor dem Bürgerbegehren zu warnen. Vermutlich denken die Politiker der Mehrheitsfraktionen im Rat, sie seien grundsätzlich schlauer als wir Bürger und müssten uns belügen und belehren.
Es gäbe auch einen anderen Weg: Entscheidet transparent, motiviert und bindet uns Bürger zum Wohle unserer Stadt in Entscheidungsprozesse langfristig ein!
freeside
Edit: Tippfehler korrigiert (tEUR), danke für den Hinweis!